Fertiggerichte im europäischen Vergleich: Briten führen beim Konsum deutlich
von Ansgar Wessendorf,
Eine aktuelle Erhebung von Flexible Packaging Europe zeigt deutliche Unterschiede im Pro-Kopf-Verbrauch von Fertiggerichten innerhalb Europas. Die Grafik verdeutlicht, dass der Konsum stark von kulturellen Essgewohnheiten, Arbeitsalltag und gesellschaftlichen Einstellungen zum Thema „Convenience Food“ geprägt ist.
Großbritannien an der Spitze
Mit 16,4 Kilogramm pro Kopf liegt Großbritannien klar vor allen anderen untersuchten Ländern. Der hohe Wert lässt sich durch die lange Tradition von „ready-to-eat“-Produkten erklären, die im britischen Alltag fest verankert sind. Besonders in urbanen Regionen, in denen Zeitmangel den Alltag bestimmt, greifen Verbraucher häufig auf schnell verfügbare Mahlzeiten zurück.
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Skandinavische und französische Konsumenten im Mittelfeld
Schweden folgt mit 12,6 Kilogramm und Frankreich mit 11,1 Kilogramm pro Kopf. Während Schweden durch eine hohe Erwerbstätigkeit und den Trend zu praktischen Lösungen geprägt ist, überrascht Frankreichs Platzierung etwas. Die französische Esskultur gilt traditionell als stark auf Frische und gemeinsame Mahlzeiten ausgerichtet. Dennoch scheint auch hier der Einfluss von Urbanisierung und moderner Arbeitswelt den Markt für Fertiggerichte wachsen zu lassen.
Italien und Tschechien: Deutlich zurückhaltender
In Italien konsumiert der Durchschnittsbürger lediglich 6,6 Kilogramm Fertiggerichte im Jahr. Dies könnte an der tief verwurzelten mediterranen Esskultur liegen, in der selbst einfache Gerichte häufig frisch zubereitet werden. Den niedrigsten Wert weist Tschechien auf: Mit 1,9 Kilogramm ist der Konsum hier nahezu vernachlässigbar. Traditionelle Kochgewohnheiten und ein geringerer Einfluss internationaler Convenience-Trends dürften hierfür ausschlaggebend sein.
Gesundheitliche Dimension
Die Beliebtheit von Fertiggerichten wird von Ernährungsexperten kritisch gesehen. Viele Produkte enthalten hohe Mengen an Salz, Zucker und gesättigten Fetten, während frische Zutaten und Ballaststoffe oft zu kurz kommen. Länder mit hohem Konsum wie Großbritannien stehen daher vor der Herausforderung, die gesundheitlichen Folgen – etwa Übergewicht und ernährungsbedingte Erkrankungen – stärker in den Blick zu nehmen. Gleichzeitig zeigt sich ein Trend hin zu „besseren“ Convenience-Produkten: kalorienreduziert, proteinreich oder mit regionalen Zutaten.
Ökologische Auswirkungen
Fertiggerichte sind eng mit dem Thema Verpackung verbunden – meist in Form von Kunststoff oder Verbundmaterialien. Diese sichern Haltbarkeit und Transportfähigkeit, sorgen aber auch für ein erhebliches Müllaufkommen. Hier setzt die Verpackungsindustrie zunehmend auf nachhaltige Alternativen: recycelbare Folien, biologisch abbaubare Materialien oder Mehrwegoptionen. Länder mit niedrigerem Fertiggerichte-Konsum – wie Italien oder Tschechien – belasten die Umwelt durch Verpackungen in diesem Segment entsprechend weniger.
Wirtschaftliche Perspektiven
Für die Verpackungsbranche bedeutet der wachsende Fertiggerichtemarkt vor allem Chancen. In Märkten wie Großbritannien oder Schweden geht es darum, Innovationen voranzutreiben, die den Spagat zwischen Convenience und Nachhaltigkeit schaffen. In Ländern mit geringerem Konsum besteht dagegen Potenzial für Marktaufbau – allerdings unter der Voraussetzung, dass Produkte kulturell anschlussfähig sind und ökologische Standards berücksichtigen.
Fazit
Der europäische Vergleich zeigt: Fertiggerichte sind weit mehr als nur eine Frage des Geschmacks. Sie spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen, Arbeitsrealitäten und kulturelle Essgewohnheiten wider. Während in Großbritannien und Schweden Convenience längst Teil des Alltags ist, setzen Italiener und Tschechen weiterhin stärker auf frische Küche. Für Politik, Gesundheitssysteme und Verpackungsindustrie stellt sich gleichermaßen die Frage, wie sich der Markt nachhaltig und gesundheitsbewusst gestalten lässt.