Flexo+Tief-Druck: Wo geht es hin in der Verpackungsherstellung?

Marktumfrage 2023: Nicola Kopp-Rostek, DFTA-Geschäftsführerin und Prof. Dr. Martin Dreher, Geschäftsführer des DFTA-Technologiezentrums

Nicola Kopp-Rostek, DFTA-Geschäftsführerin
Nicola Kopp-Rostek: "Wir sind in regem Austausch mit unseren Mitgliedern, die selbst entlang der Wertschöpfungskette tätig sind und wissen, dass sie bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit von Verpackungen ergriffen haben."

Was kann Ihrer Ansicht nach getan werden, dass vielfach negative Image sowie die oft unterschätzte Bedeutung von Verpackungen zu korrigieren, um damit eine mehr sachgerechte Beurteilung durch Konsumenten und Staat zu erreichen?

Prof. Dr. Martin Dreher, Geschäftsführer des DFTA-Technologiezentrums
Prof. Dr. Martin Dreher: “Das Wissen rund um die Notwendigkeit der Verpackung muss noch weiter in die Öffentlichkeit getragen werden.”

Dreher: Wir arbeiten eng mit den druck- und verpackungstechnischen Studiengängen an der HdM Stuttgart und HTWK Leipzig zusammen: wir sehen den konstruktiven Dialog zwischen mit Studieninteressierten und Studierenden als unsere wichtigste Aufgabe. Schnell wird dann klar, dass die Verpackung von Gütern alternativlos ist, aber auch, dass es in diesem Feld noch viel zu tun gibt. In unseren Studieninformationsangeboten und Studienberatung setzen wir vor allem auf Aufklärung. Das Wissen rund um die Notwendigkeit der Verpackung muss noch weiter in die Öffentlichkeit getragen werden. Die Mitglieder unseres Fachverbandes tragen diese Vision mit uns.

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Kopp-Rostek: Ich denke, dass vor allem transparente und ehrliche Kommunikation sowie Aufklärung der erste Schritt ist, um ein neues Image aufzubauen. Technologie, Innovation und Entwicklungen folgen diesem Ziel. Hierbei denke ich vor allem auch an disruptive Innovationen und an ganzheitliche Verpackungslösungen. Das heißt im Vorfeld wurde das Produkt inklusive Design, die Produkt- und Produktionsprozesse sowie damit verbundene Dienstleistungen komplett hinterfragt und durchdacht, sozusagen von der Produktentwicklung bis hin zur Wiederverwertung. Hier liegt noch eine große Herausforderung. Das hat mit Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien im Unternehmen über Datenerhebung / Digitalisierung bis hin zu sinnvollen Vernetzungen zu tun.

Wenn wir noch mehr gute Lösungen entlang des ganzen Lebenszyklusses einer Verpackung haben, haben wir Argumente, um die zweifelsohne vorhandene immense Bedeutung der Verpackung weiter in den Vordergrund zu rücken, pauschalen Aussagen glaubhaft entgegenzutreten und die Diskussionen sachgerechter zu führen. Wichtig ist dabei auch, die Konsumenten auf den aktuellen Kommunikationswegen zu erreichen sowie die medialen und politischen Entscheidungsträger vom Nutzen der Verpackung zu überzeugen!

Wenn uns dies gelingt, haben wir auch eine riesige Chance, die Menschen für unsere Branche zu gewinnen. Entwickeln von alternativen und innovativen Verpackungslösungen ist nicht nur eine sinnstiftende Arbeit, sondern kann einen unmittelbaren Impact zum Klimaschutz leisten.

Wir als Verband haben diese besondere Möglichkeit mithilfe verschiedener Aktionen (Workshops, Dialogformate, Veranstaltungen) wissenschaftliche und technologische Entwicklungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Gemeinsam können wir die Stimmen und Kräfte unserer Mitglieder bündeln, um so ein deutlich besseres Gehör bei Stakeholdern zu finden.

Auch der Anschluss an bestehende Allianzen und Initiativen kann ein sinnvoller Weg sein, der Bedeutung von Verpackungen sowohl auf medialer als auch auf politischer Ebene mehr Gewicht zu verleihen. Die DFTA wird solche Wege in 2023 gehen.

Welche konkreten Maßnahmen unternehmen Sie in Ihrem Bereich der Wertschöpfungskette zur Förderung der Nachhaltigkeit von Verpackungen ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit?

 Dreher: Als Fachverband mit angeschlossenen Technologiezentren ist unser Platz in der Wertschöpfungskette in der Entwicklung von Verpackungssystemen angesiedelt. Wir sehen uns als „Ermöglicher“ (engl. Enabler) solcher Entwicklungen, indem wir die Flexodruck-Einrichtungen zur Verfügung stellen, um beispielsweise die Applikation entsprechender Barrierebeschichtungen oder die Bedruckbarkeit neuer Substrate effizient und mit geringstmöglichem Ressourceneinsatz prüfen zu können. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, halten wir unsere Anlagen auf dem neuesten Stand der Technik u.a. auch mit einem umfangreichen Refurbish unserer BOBST CI-Flexodruckmaschine in 2022.

Kopp-Rostek: Unser Verband ist keiner Wertschöpfungskette zuzuordnen. Daher haben wir auch keine konkreten Maßnahmen entwickelt. Aber wir sind in regem Austausch mit unseren Mitgliedern, die selbst entlang der Wertschöpfungskette tätig sind und wissen, dass sie bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit von Verpackungen ergriffen haben.

Hier sind wir nah an unseren Mitgliedern dran und unterstützen mit Ideen bei der Umsetzung und bieten z. B. entsprechende Austausch- und Informationsplattformen.

Wie beurteilen Sie persönlich die Zukunftsfähigkeit der Verpackungsbranche?

Dreher: Die Einschätzung von gewissen „Trübungen“ teilen wir nur sehr bedingt! Versorgungsschwierigkeiten und Energiepreise sind zwar spürbar, aber ein Großteil des Konsums, mit dem unsere Mitgliedsbetriebe befasst sind, ist unserer Meinung nach unterproportional von entsprechenden Einsparungen in der Gesellschaft betroffen. Solange es diesen Teil des Konsums gibt, wird es auch die Verpackungen dafür geben. Unwidersprochen soll dabei aber wohl gemerkt bleiben, dass die betreffenden Verpackungen weiter verbessert werden müssen, um noch deutlich mehr Ressourcen aus der Herstellung und Anwendung einzusparen. Diesbezüglich arbeiten wir selbst bereits seit längerem an Konzepten, die sich unter dem Stichwort „Minimalismus in der Verpackung“ zusammenfassen lassen. Sollten wir und die Branche in dieser Hinsicht den Nerv der Gesellschaft treffen, woran wir keinen Zweifel haben, dann schätzen wir die Zukunftsfähigkeit der Verpackungsbranche nach wie vor gut bis sehr gut ein!

Kopp-Rostek: Im vergangenen Jahr sah sich die Verpackungsdruckindustrie mit einigen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert, die auch noch Auswirkungen im Jahr 2023 haben. Hier sprechen wir von den belastenden Kostenexplosionen, den Sorgen um bezahlbare Energie oder eben auch den bedrohlichen Lieferengpässen. Der Fachkräftemangel und die Nachhaltigkeitsdiskussionen sind Dauerbrenner.

Trotz dieser Verflechtungen bin ich für 2023 optimistisch, denn die Lieferkettenprobleme scheinen sich langsam aufzulösen und auch erste Preisrückgänge für wichtige Rohstoffe – auch im Energiesektor – sind zu beobachten.

Außerdem sehe ich auch eine riesige Chance, Menschen für unsere Branche zu gewinnen. In der Verpackungsdruckindustrie besteht eine unmittelbare Möglichkeit, einen Beitrag zur Verbesserung des Klimaschutzes zu leisten. Hier müssen wir kommunikative Wege finden und sinnvolle Allianzen schließen.

Wir im Verband konzentrieren uns in diesem Jahr auch auf die Themen: Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit und Digitalisierung Automatisierung. Wir wollen und müssen unseren Mitgliedern einiges an Mehrwerten bieten, um so ebenfalls einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Branche zu leisten.