Barrierefolien: Der Expertentreff 2025

Zukunft der flexiblen Verpackung: Barrierefolien neu gedacht

Anfang Juli 2025 trafen sich Fachleute aus Industrie, Forschung und Entwicklung zur zweijährlichen Fachtagung in der SKZ-Modellfabrik Würzburg, um sich über aktuelle Trends und Innovationen im Bereich der Barrierefolien auszutauschen. Der Expertreff bot einen tiefgehenden Einblick in neue Materiallösungen, moderne Herstellungsverfahren von Monomaterialien und fortschrittliche Messtechnologien zur Qualitätsscherung. Eindrucksvoll wurde dabei die Leistungsfähigkeit zeitgemäßer Folienlösungen demonstriert.

Wer an der Zukunft von Barriereverpackungen mitwirkt, erhielt hier wichtige Impulse – sei es im Hinblick auf Kreislauffähigkeit, Materialoptimierung oder neue regulatorische Anforderungen. Auch aktuelle Entwicklungen in der Folienextrusion sowie innovative Konzepte für nachhaltige Verpackungslösungen auf Basis von Polyolefin-Folien wurden eingehend diskutiert. Der fachliche Austausch mit Branchenexperten machte die Tagung zu einem hochkarätigen Forum. Durch das Programm führte Moderator Karsten Schröder. Nachfolgend eine Zusammenfassung der präsentierten Beiträge.

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Verpackungsverordnung und regulatorische Herausforderungen

Den Auftakt machte Dr. Thomas Gröner (TG Pack Solutions), der die Auswirkungen der neuen Verpackungsverordnung (PPWR) auf Barriereverpackungen beleuchtete. Im Zentrum seines Vortrags standen die veränderten Verantwortlichkeiten von Verpackungserzeugern und -herstellern sowie die ab 2030 geltenden Anforderungen an die Recyclingfähigkeit und den Rezyklatanteil von Kunststoffverpackungen.

Besondere Schwierigkeiten ergeben sich durch Multimaterial-Verbunde, die in vielen Fällen weder sortenrein trenn- noch recycelbar sind. Die Lösung liegt in konsequentem Umdenken: Hersteller müssen verstärkt auf Monomaterialien, recyclingfreundliches Design und eine verbesserte Trennbarkeit der Materialschichten setzen.

Verbesserte Materialperformance durch gezielte Prozessführung

Beispiele für ein optimiertes Verpackungsdesign durch DfR. (Quelle: Borealis Polyolefine GmbH)

An diesen regulatorischen Anforderungen knüpfte Florian Reiter (Borealis) an, der zeigte, wie sich durch die gezielte Wahl von Materialien und optimierte Prozessführung die Eigenschaften monoaxial verstreckter Polyolefin-Folien deutlich steigern lassen. Mittels Maschinenrichtungsorientierung (MDO) können Barrierewerte von unter 0,5 cm³/(m²·bar·d) erreicht und gleichzeitig Siegelfenster zwischen 130 und 170 °C realisiert werden – bei verringerter Schrumpfung im Siegelbereich.

Diese Mono-PE-Verbundfolien weisen eine verbesserte mechanische Festigkeit, thermische Stabilität und gesteigerte Prozesseffizienz auf. Erfolgreiche Lösungen im Sinne von „Design for Recycling“ erfordern hier die enge Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.

Anlagen-Optimierung durch MDO-Nachrüstung

Die Auslegung der vorhandenen Extruder muss für die Nachrüstung geeignet sein. (Quelle: Windmöller & Hölscher SE & Co. KG)

Die technischen Möglichkeiten zur Umsetzung solcher Lösungen thematisierte Hendrik Steen (Windmöller & Hölscher) in seinem Vortrag zur Nachrüstung von MDO-Einheiten. Besonders geeignet für solche Retrofits sind 5-Schicht-PE-Blasfolienanlagen, jedoch lassen sich auch dreischichtige Anlagen für weniger komplexe Anwendungen anpassen. Für hochwertige Barrierefolien mit EVOH/PA empfiehlt sich hingegen der Einsatz von 7- oder 9-Schicht-Technologien.

Mit der Integration der OPTIFIL P-MDO-Automatisierung von W&H können nicht nur die Prozessparameter optimiert, sondern auch Materialeinsparungen realisiert werden – so etwa durch eine Reduktion des Randbeschnitts um bis zu 50 %. Die MDO-Nachrüstung bietet damit ein erhebliches Effizienzpotenzial bei gleichzeitigem Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Präzise Inline-Messtechnik für Dünnschichten

Ein vertiefender Blick in die Qualitätskontrolle folgte durch Dr. Benedikt Hauer (Fraunhofer IPM), der sich mit der Inline-Messung ultradünner anorganischer Barriereschichten (< 50 nm) befasste. Diese Oxidschichten bieten zuverlässigen Schutz gegen Sauerstoffdurchtritt und kommen vor allem bei hochfunktionalen Verpackungslösungen zum Einsatz.

Zur Prozesskontrolle wird Infrarot-Reflexionsspektroskopie eingesetzt – insbesondere zur Analyse charakteristischer Si–O- und Al–O-Schwingungen. Herausforderungen wie Bandflattern und Dünnfilminterferenzen in Rolle-zu-Rolle-Anlagen werden durch kompakte, kalibrierte IR-Sensoren und moderne Filtertechnologien gemeistert.

Ressourcenschonende Beschichtungstechnologien

Das Druckkammerrakel-Beschichtungssystem PGS besitzt geringste Toleranzen bei der Beschichtung (Quelle: BASF SE)

Direkt an das Thema funktionaler Schichten anschließend stellte Norbert Runn (Polytype Converting) gemeinsam mit BASF das Druckkammerrakel-Beschichtungssystem PGS vor. Es ermöglicht präzise Beschichtungen bei gleichzeitig minimiertem Materialverlust und reduziertem Energieverbrauch.

Zusätzlich wurden gemeinsam mit Mitsui Chemical Barriere-Beschichtungsmedien für Multi-Layer-Anwendungen entwickelt, die besonders für papierbasierte Verpackungen geeignet sind. Die vorgestellte Kalandertechnologie erlaubt darüber hinaus eine lösemittelfreie Laminierung – ein weiterer Schritt in Richtung nachhaltiger Verpackungsprozesse.

Papierbasierte Alternativen mit hoher Funktionalität

Sauerstoff- und Wasserdampfbarriere verschiedener Barriereschichten. (Quelle: Bobst Meerbusch GmbH)

Wie sich diese Entwicklungen in praxistaugliche Verpackungslösungen auf Papierbasis überführen lassen, zeigte Marco Schmidt (Bobst Meerbusch) mit dem oneBarrier-Konzept. Die Kombination aus Primer, AlOx- oder AluBond-Barriere und Heat-Seal-Coating ermöglicht es, klassische metallisierte Folienstrukturen durch recyclingfähige, funktionale Papierlösungen zu ersetzen.

Die Barriere bleibt auch nach mechanischer Belastung (z. B. Faltvorgängen) erhalten, wie entsprechende Tests belegen. Das Konzept erfüllt einschlägige Recyclingnormen (CEPI, Aticelca, PTS) und eignet sich besonders für Anwendungen im Lebensmittel- und Haushaltsbereich.

Biobasierte Innovationen und Kooperationen

Eigenschaften des mit traceless beschichteten Papiers (Quelle: Traceless Materials GmbH)

Thomas Lunz (Mondi) und Marissa Schwinn (traceless materials) führten in einem Gemeinschaftsvortrag aus, welche Möglichkeiten recyclingfähige Barrierepapiere heute bieten – und was in Zukunft realisierbar sein wird. Mondi nutzt Technologien wie Extrusions- und Dispersionsbeschichtung sowie Metallisierung, um papierbasierte Materialien mit hoher Funktionalität zu entwickeln.

Ergänzt wird dies durch die biobasierten Innovationen von traceless materials, die aus pflanzlichen Reststoffen gewonnene, heimkompostierbare Materialien mit negativer CO₂-Bilanz entwickeln. Ziel der Zusammenarbeit ist eine Papierbeschichtung mit funktionaler Barrierewirkung, ohne den Papierrecyclingprozess negativ zu beeinflussen.

Nachhaltigkeit ganzheitlich betrachtet

Das Thema Nachhaltigkeit griff Dr. Phil Rosenow (Fraunhofer IVV) in seinem Beitrag „Weniger ist mehr“ auf. Er machte deutlich, dass pauschale Materialeinsparung nicht automatisch nachhaltiger ist. Unterverpackung kann zu Lebensmittelverlusten führen – mit teils höheren Umweltwirkungen als die Verpackung selbst.

Anhand einer LCA-Studie zu Rinderhackfleisch zeigte er, wie durch optimiertes Barrieredesign das Mindesthaltbarkeitsdatum verlängert und so der Klimafußabdruck reduziert werden kann. Weitere Untersuchungen zu Verpackungen für Chips, Joghurt und Obst laufen derzeit am IVV.

Natürliche Lösungen zur Sauerstoffbindung

In eine praxisnahe Richtung ging Andreas Dietrich (Weber Food Technology), der die Verwendung von Bakterienkulturen wie Bactoferm Rubis als natürliche Sauerstoffabsorber in Mono-PET-Verpackungen für Wurstwaren erläuterte. Diese Kulturen binden Sauerstoff metabolisch, stabilisieren die Farbe und verlängern die Haltbarkeit – ganz ohne synthetische Zusatzstoffe. Eine nachhaltige Lösung für moderne Clean-Label-Verpackungen.

Verbundbeutel mit Barriere

Barriereeigenschaften verschiedener Ormocer-Formulierungen. (Quelle: Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC)

Einen weiteren biobasierten Ansatz präsentierte Dr. Ferdinand Somorowsky (Fraunhofer ISC) mit einem Standbodenbeutel auf Basis von bioORMOCER-Hybridpolymeren. Diese Materialien kombinieren keramische Barrierewirkung mit polymerer Flexibilität. Die Beutel bestehen zu über 85 % aus biobasierten Materialien, sind recycelbar, biologisch abbaubar und lebensmitteltauglich – bei gleichzeitig überzeugenden Barrierewerten.

SiOx statt Aluminium

Übersicht über die Eigenschaften anorganischer Barriereschichten (Quelle: Amcor Flexibles Kreuzlingen AG)

Dr. Philipp Okle (Amcor Flexibles Kreuzlingen AG) zeigte, dass SiOx-Beschichtungen eine nachhaltige und funktionale Alternative zu Aluminium- oder AlOx-basierten Barrieren darstellen. Sie überzeugen durch Transparenz, mechanische Stabilität und Recyclingfähigkeit. Studien belegen eine Reduktion des CO₂-Fußabdrucks um bis zu 60 % im Vergleich zu konventionellen PET/Alu/PP-Verbundverpackungen.

UV-basierte Barrieren ohne Vakuum

Ein völlig neuer Zugang zur Herstellung transparenter, flexibler Barriereschichten kam von Dr. Ulrike Helmstedt (Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung). Sie demonstrierte, wie keramische Oxidschichten mithilfe von Vakuum-Ultraviolettstrahlung (VUV) bei Raumtemperatur und Normaldruck aufgebracht werden können. Ergänzt durch UV-härtbare Nanokomposite entstehen nachhaltige, VOC-freie Schutzschichten mit hoher Funktionalität.

Effizientere Permeationsmessung

Christoph Zerwas (Ametek/Mocon) stellte ein innovatives Messadapter-System vor, das Klebeprozesse durch mechanisches Spannen ersetzt. Dies reduziert nicht nur die Vorbereitungszeit um bis zu 90 %, sondern auch die Messstreuung – bei gleichzeitig verbesserter Arbeitssicherheit und Nachhaltigkeit. Darauf aufbauend betonte Alexander Tovar (Inficon GmbH), dass Permeationsmessungen nur bei dichten Verpackungen aussagekräftig sind. Dichtheit lässt sich über Leckraten oder Sauerstoffkonzentrationen definieren. Besonders überzeugend sind zerstörungsfreie Druckanstiegsprüfungen, die auch als automatisierte In-Line-Systeme in der Produktion eingesetzt werden.

Recycelbare Proteinbarrieren mit Metallisierung

Zum Abschluss stellte Dr. Kristina Eißenberger (Hochschule Albstadt-Sigmaringen) ein Verfahren zur Herstellung recycelbarer metallisierter Mehrschichtfolien mit Proteinbarriere vor. Die metallisierte Proteinbeschichtung verbessert die Barriereleistung und lässt sich enzymatisch abbauen, wodurch sortenreines Recycling und hochwertige Recyclate möglich werden.

Fazit: Materialneutral und funktional denken

Karsten Schröder fasste die Tagung mit einem klaren Appell zusammen: Verpackungen sollten nicht ideologisch, sondern funktions- und anwendungsbezogen entwickelt werden. Je nach Einsatzzweck kann das geeignete Material Papier, Kunststoff oder ein biobasierter Werkstoff sein. Entscheidend ist der Nutzen – getreu dem Leitsatz der PPWR: Minimieren!

Die Fachtagung zeigte eindrucksvoll, dass Minimalverpackungen keine Modeerscheinung, sondern ein zentraler Baustein nachhaltiger Verpackungsentwicklung sind. Innovation, Austausch und Zusammenarbeit sind dabei der Schlüssel zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Verpackungswelt.