Mega-Trends: „Nachhaltigkeit und Recycling“ sowie „Digitalisierung“

Marktumfrage: Dr. Nicolas Wiedmann, Siegwerk

Dr. Nicolas Wiedmann
Dr. Nicolas Wiedmann: "Mit unserer Tochtergesellschaft Siegwerk Ventures setzen wir auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle." (Quelle: Siegwerk)(Photo Credit: Norbert Ittermann)

Wie wirken sich die beiden Mega-Trends „Nachhaltigkeit und Recycling“ und „Digitalisierung“ sowie die Corona-Pandemie konkret auf die Geschäftspolitik Ihres Unternehmens aus?

Diese beiden Megatrends stehen bereits seit Jahren ganz oben auf unserer Agenda. Unter dem Motto „rethINK packaging“ fokussieren sich unsere Bestrebungen darauf, die Zukunft der Verpackung in Richtung Nachhaltigkeit proaktiv mitzugestalten. So setzen wir alles daran, mit innovativen und umweltfreundlichen Druckfarben und Lacken zur Entwicklung nachhaltiger Verpackungskonzepte im Sinne einer Circular Economy beizutragen. Darüber hinaus haben wir das Thema Nachhaltigkeit mit der „HorizonNOW“-Agenda zum festen Bestandteil unserer Unternehmensstrategie gemacht.

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Beim Thema Digitalisierung gehören wir heute bereits zu den Vorreitern in der Druckindustrie. Mit der Einführung neuer Online-Services, wie dem Vendor-Managed-Inventory-System MyInkRoom oder dem Remote-Service INKonnect, erweiterten wir unser digitales Angebot im Laufe der Jahre erheblich. Zur Automatisierung von Prozessen haben wir dabei auch das Potenzial von Big Data und KI zur Optimierung von Produktionszyklen und zur weiteren Effizienzsteigerung im Blick. Wir verfolgen damit einen Digitalisierungsansatz zur Steigerung der Effizienz wie auch der Identifizierung neuer Geschäftsmodelle für nachhaltiges Wachstum.

Die Corona-Pandemie hat vor allem die Nutzung digitaler Arbeitstools beschleunigt. Zusätzlich haben wir verschiedene digitale Kommunikationsformate eingeführt, um mit Kunden in Kontakt zu treten, Produkte und Lösungen zu demonstrieren, Wissen zu teilen sowie Probleme zu lösen. Unser Ziel wird es auch weiterhin sein, Fachwissen schnell zugänglich zu machen und gleichzeitig zeitaufwändige Reisen zu reduzieren.

Mit welchen Maßnahmen und innovativen Ideen begegnen Sie diesen einschneidenden Umbrüchen?

Heute haben wir bereits eine starke Erfolgsbilanz bei kundenspezifischen Entwicklungsprojekten für Verpackungslösungen, die dem Kreislaufmodell einer Circular Economy folgen oder den Bedarf an Kunststoffen und anderen nicht nachwachsenden Rohstoffen reduzieren. Darüber hinaus sind wir im aktiven Austausch mit Experten entlang der gesamten Wertschöpfungskette und bringen unser Wissen in verschiedenen Brancheninitiativen, wie CEFLEX oder der Circular Economy Initiative Deutschland (CEID). Das Thema ist von strategischer Relevanz für uns. So haben wir beispielsweise das Circular Economy Hub eingerichtet, um den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft im gesamten Unternehmen zu begleiten.

Mithilfe digitaler Services wie unseres Remote-Services INKonnect können wir unsere Kunden mithilfe einer Assisted-Reality-Lösung noch schneller über die Entfernung hinweg unterstützen.

Welche neuen Chancen und Möglichkeiten zur Erschließung neuer Geschäftsfelder könnten sich für Sie aus diesen Veränderungsprozessen ergeben?

Mit unserer Tochtergesellschaft Siegwerk Ventures setzen wir auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Hierbei geht es darum, unser Kerngeschäft zu erweitern und Wachstum in neuen Marktsegmenten zu schaffen. Unser Ziel ist es, neue unabhängige Unternehmen aufzubauen und Verpackungsinnovationen im Sinne einer Circular Economy zu beschleunigen. Wir konzentrieren uns hierbei auf skalierbare Geschäftsmodelle entlang des gesamten Lebenszyklus von Verpackungen. Alle Projekte, die wir im Rahmen von Siegwerk Ventures verfolgen, haben dabei eines gemeinsam: Sie alle befassen sich mit dem Thema Verpackungsdesign, beinhalten eine digitale Plattform und stellen eine Innovation in Sachen Recycling dar.

Darüber hinaus wurde mit Packiro ein Unternehmen gegründet worden, das nachhaltige und individuell bedruckte Verpackungen in kleinen Mengen und zu angemessenen Lieferzeiten anbietet und damit auch kleinen Herstellern den Einsatz nachhaltiger Verpackungslösungen ermöglicht. Die Unterstützung bei der Erstellung des individuellen Verpackungsdesigns ist hierbei ebenfalls als Zusatzservice abrufbar.

Mit polycirQ wurde ein weiteres Unternehmen im Rahmen von Siegwerk Ventures gegründet. Dessen Ziel ist die Reduzierung von Kunststoffabfälle durch Deinking, um aus recyceltem Kunststoff neuwertigen herzustellen.

Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die zukünftige Entwicklung der Verpackungsdruckindustrie ein?

Die Wichtigkeit digitaler Prozesse und Services sowie einer nachhaltigen Lieferkette wird zukünftig weiter wachsen. Nachhaltigkeit ist heute eine Standardanforderung mit immer größerer Relevanz für die Kaufentscheidung. Hersteller können gar nicht mehr anders, als auf nachhaltige Verpackungslösungen umzuschwenken. Recyclebare Verpackungen, die es ermöglichen, die eingesetzten Materialien im Kreislauf zu halten, sind gefragter denn je. Hierzu braucht es ein Neudenken bisheriger Verpackungsstrukturen im Sinne eines „Design for less“ und „Design for recycling“. Ersteres bedeutet hierbei, Verpackungskomponenten zu eliminieren, Kunststoffe durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen oder neue Geschäftsmodelle für die Wiederverwendung einzuführen. In diesem Zusammenhang wird vor allem auch die Entwicklung innovativer Lacke und funktionaler Beschichtungen eine treibende Rolle spielen.

Wir werden zukünftig außerdem eine zunehmende Verzahnung bedruckter Verpackungen mit digitalen Inhalten sehen. Zusammen mit der steigenden Nachfrage nach besonderen Veredelungseffekten, gezielter Serialisierung und Individualisierung zeichnet sich hier vor allem ein großes Potenzial für den Digitaldruck ab. Alles in allem bin ich überzeugt, dass die beiden Megatrends die Verpackungsindustrie in den nächsten 10-15 Jahren komplett umgestalten werden und wir werden diesen Wandel aktiv mitzugestalten.

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