Über die Kombination von Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit mit modernen wasserbasierten Druckfarben für flexible Verpackungen

Wasserbasierte Farben für den Foliendruck

Noch immer ist leider allzu wenig bekannt, welch eindrucksvolle Fortschritte im Bereich der wasserbasierten Druckfarben in den letzten Jahren erzielt wurden. Daher lässt sich heute mit Recht behaupten, dass deren Leistungsfähigkeit nunmehr durchaus mit der lösemittelbasierter Systeme vergleichbar ist. Drei Pioniere im Bereich wasserbasierter Druckfarben – der Rohstofflieferant BASF, der Farbhersteller Follmann und Saueressig, ein Systemanbieter für den Verpackungsdruck – erläutern nachfolgend, warum Farben auf Wasserbasis mittlerweile durchaus über das Potential verfügen, das führende Farbsystem für den Foliendruck zu werden. Der größte Einzelverbraucher von Kunststoffen in Europa ist die Verpackungsindustrie.

Fast 40% des jährlichen europäischen Gesamtverbrauchs von 50,7 Millionen Tonnen findet in diesem Bereich statt (Abbildung 1). Voraussichtlich wird dieser Anteil noch weiter steigen, da angesichts kleinerer Haushalte und höher spezialisierter Produkte die Nachfrage nach Kunststoffen für Verpackungsanwendungen in den kommenden Jahren erheblich zunehmen wird.

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Viele wissenschaftliche Projekte und unternehmerische Maßnahmen im Bereich der Wertschöpfungskette von Verpackungen konzentrieren sich auf die Verbesserung von Nachhaltigkeit und Effizienz. Dazu gehören der Übergang von mehrschichtigen Laminaten zu Monomaterialien, die Erforschung der Verwendung flexibler Materialien auf Papierbasis sowie das Erschließen neuer Optionen zur Verlängerung der Lebensdauer von Verpackungen durch Maßnahmen wie Gewichtsreduktion, Wiederverwendung und Recycling.

Die Leistungsfähigkeit von Verpackungen hängt stets ab vom Zusammenwirken der verschiedenen Einzelelemente der Konstruktion. Daher kommt jedem dieser Elemente eine gleichwertige Bedeutung zu und keines darf vernachlässigt oder unterschätzt werden. Dies trifft selbstverständlich auch auf die richtige Auswahl der eingesetzten Druckfarben zu. Für Verpackungen auf Papierbasis haben sich seit Jahrzehnten Farben auf Wasserbasis als sicherere und nachhaltige Technologie etabliert. Im Gegensatz dazu werden Flexible Verpackungen auf Kunststoffbasis noch immer zu etwa 90% mit Farben auf Lösungsmittelbasis bedruckt. Doch dies wird sich wohl bald ändern. Denn es wurden mittlerweile bedeutende Fortschritte im Bereich wasserbasierter Farbsysteme zur Bedruckung von Foliensubstraten erzielt. Und dies bei durchaus vergleichbaren Standards hinsichtlich Produktqualität und Kostenstruktur.

BASF, Saueressig und Follmann haben sich im Rahmen des branchenübergreifenden Netzwerks Prethink Ink zusammengeschlossen. Dessen Hauptaufgabe besteht darin, die Wahrnehmung der Möglichkeiten wasserbasierter Farbsysteme zu fördern und relevantes Fachwissen zu verbreiten. Nachfolgend werden daher die spezifischen Funktionsweisen der hierfür eingesetzten Harze sowie deren Auswirkungen auf Eigenschaften und Handhabung wasserbasierter Druckfarben erläutert. Daraus werden Informationen und Anregungen abgeleitet, welchen Nutzen die entsprechenden Unternehmen aus dieser Technologie ziehen können.

Die Funktionsweise wasserbasierter Harze für den Foliendruck
Neueste Entwicklungen in der Harzchemie haben den Einsatz wasserbasierter Farben auf nicht absorbierenden Substraten mittlerweile zu einem praktikablen industriellen Verfahren gemacht. Insbesondere die Kombination selbstvernetzender rheologiegesteuerter (RC) Acrylemulsionen bedeutete einen großen Fortschritt im Vergleich zu herkömmlichen Acryldispersionen. Alkalilösliche Acrylharze mit niedrigem Molekulargewicht (ASR) verschaffen RC-Emulsionen eine hervorragende Löslichkeit, was die Übertragungseigenschaften der damit formulierten Druckfarben spürbar verbessert. Da diese Harze sowohl an der Oberfläche der Polymerteilchen als auch in der Wasserphase vorhanden sind, führt dies zu einer nahezu Newtonschen Rheologie der Farbe während des Druckens.

Abbildung 2:
Schematische Darstellung der Entwicklung der Harzchemie auf Wasserbasis für den Foliendruck: (A) Die alkalilöslichen Acrylharze mit niedrigem Molekulargewicht (ASR) bilden während des Trocknens eine Membran um die Polymerpartikel. Dadurch entstehen löslichkeitsverbessernde Säuregruppen (rote Punkte). (B) Die im Latexteilchen (rot) vorhandene Vernetzungseinheit wird in der Wasserphase physikalisch von ihrem Reaktionspartner getrennt (Pfeile) und beginnt beim Trocknen mit der Polymerisierung; (C) Durch Salz (+/-) und/oder sterische Gruppen (grün) stabilisiert PUD-Partikel beeinflussen die Trocknung der Oberfläche des Farbfilms sowie die Löslichkeit. Die Eigenschaften des Farbfilms lassen sich durch Variation der Zusammensetzung der Hart- und Weichphasen sowie der internen Vernetzung steuern; (D) Salzstabilisiertes Hybridsystem mit Acrylkern und Polyurethanhülle, das einen starken Polymerfilm mit Acryldomänen ergibt

Während der Farbtrocknung bzw. die Trocknung der Oberfläche des Farbfilms bewegen sie sich und bilden eine membranartige Struktur um die Acrylpolymerteilchen. Die daraus resultierende Verteilung der Säuregruppen um die Partikel verbessert die Löslichkeit (Abbildung 2a). Die Vernetzungsreaktion führt zur Bildung einer robusten, kohäsiven Netzstruktur in der trockenen Farbschicht, was eine starke Anhaftung der Farben auf verschiedenen Substraten sowie sehr gute Beständigkeitseigenschaften gewährleistet (Abbildung 2b). Dies hat auch einen starken Einfluss auf Leistungsfähigkeit der Druckfarbe. Verläuft die Vernetzungsreaktion zu schnell oder zu früh – beispielsweise im feuchten Farbfilm -, verringert sich die Löslichkeit. Verläuft sie aber zu langsam, wird die getrocknete Farbschicht klebrig und die Beständigkeitseigenschaften verschlechtern sich. Grundsätzlich gilt: Um auflagenbeständige, saubere und punktscharfe Bilder zu erzielen, muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Löslichkeit und Beständigkeit gewährleistet sein.

Diese selbstvernetzende Technologie eignet sich besonders für den Schöndruck. Beim Konterdruck mit nachfolgender Überlaminierung ist der Aspekt der  Wasserbeständigkeit weniger wichtig, aber die konträren chemischen Eigenschaften von Harz und (lösungsmittelfreiem) Klebstoff können die Haftfestigkeit wie auch Haftungseigenschaften durchaus beeinträchtigen. Während für den Schöndruck mit wasserbasierten Farben selbstvernetzende Acrylemulsionen bevorzugt werden, haben sich für den Konterdruck mit nachfolgender Überlaminierung die Polyurethan-Dispersionen (PUD) als ideal für die Farbformulierung erwiesen. Aufgrund ihres Stabilisierungsmechanismus sind diese üblicherweise tensidfrei. Dadurch verbessern sich die Haftungseigenschaften und es ermöglicht die Einstellung der Löslichkeit (Abbildung 2c). Darüber hinaus kombinieren sie einen hohen Feststoffgehalt mit niedriger Viskosität und verringert damit das Risiko der Verblockung.

Der neueste Stand im Bereich der Harzchemie auf Wasserbasis ist die Entwicklung von Hybridsystemen. Sie kombinieren die hervorragende Elastizität und Festigkeit von PUDs mit der Löslichkeit und den Übertragungseigenschaften von Acrylemulsionen. Bei Vorhandensein eines PUD-Keimpolymers polymerisieren Acrylmonomere und erzeugen Kern-Schale-Systeme mit überragenden Eigenschaften. (Abbildung 2D)

Verbesserte Farbsysteme und einfache Verdruckbarkeit
Kontinuierliche Verbesserungen sowie ein Wandel in der Wahrnehmung bei Druckern, Markenartiklern und Endabnehmern haben dazu geführt, dass wasserbasierte Druckfarben als leistungsfähige und umweltschonende Alternative zu anderen Farbsystemen immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Im Zuge der erfolgreichen technischen Weiterentwicklung wurden hochwertige Farbsysteme für die Hauptanwendungen im Frontaldruck sowie im Verbundbereich entwickelt. Dank verbesserter Trocknungseigenschaften und einer optimierten Farbfilmbildung werden hohe Produktionsgeschwindigkeiten sowie gute optische und mechanische Eigenschaften erzielt. Die Farbsysteme gewährleisten darüber hinaus eine hervorragende Verdruckbarkeit im Halbtonbereich mit geringem Tonwertzuwachs.

Abbildung 3:
Bei stark nachgefragten Anwendungen wie Verpackungen von Hygieneprodukten erfüllen wasserbasierte Farben alle Anforderungen hinsichtlich Verdruckbarkeit, Siegelfestigkeit, Chemikalienbeständigkeit und Produktsicherheit
(Quelle: Follmann)

Die Formulierung der von Follmann hergestellten wasserbasierten Druckfarben für flexible Verpackungen ist das Ergebnis langjähriger Entwicklungsarbeit. Der Aufbau moderner Druckfarben ist vielfältig: Sie basieren auf wässrigen Bindemitteln unterschiedlicher chemischer Natur – von Acrylat- bzw. Styrol-Acrylatchemie bis hin zu Polyurethan-basierten Dispersionen. Auch moderne Hybrid-Systeme (PU-Acrylat) kommen immer öfter zum Einsatz, weil sie die Vorteile aus Acrylat- und Polyurethanchemie kombinieren. Dadurch ist es möglich, immer mehr Anwendungen im Bereich der flexiblen Verpackungen nicht nur mit Lösemittelfarben, sondern auch mit Wasserfarben zu realisieren. Dabei werden vergleichbar gute Eigenschaften hinsichtlich Haftung, Glanz, kundenspiezifische COF-Werte, Siegelfähigkeit bzw. Siegelbeständigkeit, Kaschierfähigkeit und Beständigkeiten gegen aggressive Medien wie Säuren, Lösemittel und andere Chemikalien erreicht. Auch andere moderne Technologien der Bindemittelhersteller wie selbstvernetzende Mechanismen bei Acrylat-, aber auch Polyurethandispersionen kommen immer mehr zum Einsatz, um die stets wachsenden Kundenanforderungen zu erfüllen. Parallel zu 1K-Systemen wird intensiv an 2K-Systemen für Anwendungen mit höchsten Ansprüchen im Verpackungsbereich geforscht. Auch weitere Aspekte im Zusammenhang mit wasserbasierten Druckfarben wie beispielsweise die Eignung für den direkten oder indirekten Lebensmittelkontakt oder die  Bioabbaubarkeit und Rezyklierfähigkeit rücken immer mehr in den Vordergrund.

Abbildung 4:
Eine strahlende Zukunft: Mit geeigneten Pigmenten formulierte wasserbasierte Farben erzielen ungewöhnliche Farbstärke und Farbreinheit
(Quelle: BASF)

Die Formulierung moderner Wasserfarben in Kooperation mit den Herstellern vo Druckmaschinen ermöglicht zudem eine zuverlässige Trocknung des Farbfilms auch bei Laufgeschwindigkeiten bis zu 600 m/min. Die Auswahl der verwendeten Pigmente richtet sich nach regulatorischen Anforderungen sowie dem gewünschten bzw. benötigten Farbkreis, um alle Wünsche nach Farbkraft und Farbreinheit zu erfüllen. Das Geheimnis liegt dabei in der Auswahl der Bindemittel, geeigneter Pigmente, der austarierten Zugabe leistungsfördernden Additiven und letztlich dem optimal darauf abgestimmten Produktionsprozess.

Optimierte Druckformen für den Flexo- und Tiefdruck
Um zukünftig auch mit wasserbasierten Farben eine höchstmögliche Druckqualität und Farbkonsistenz zu erreichen, arbeitet Saueressig stetig an der Weiterentwicklung und Optimierung seiner Druckformen.

Abbildung 5:
Die Flexo-Sparte Saueressig Elastomers bietet nachhaltige, speziell auf den Einsatz wasserbasierter Farben zugeschnitte Druckformen an
(Quelle: Saueressig)

Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt bei den internationalen Kunden, seien es nun Drucker oder Brand Owner, stetig an Bedeutung. Um den damit wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden, bietet die Flexo-Sparte Saueressig Elastomers beim Einsatz zertifizierter Substrate und wasserbasierter Farben ergänzend nachhaltige Druckformen an. In Zusammenarbeit mit den Materialherstellern wurden sie eigens entwickelt und speziell auf den Einsatz wasserbasierter Farben zugeschnitten. Sie bestehen aus SBR-Werkstoffen (Styrol-Butadien-Kautschuk) und werden mit einer speziellen Oberflächenbearbeitung aus dem Hause Saueressig gefertigt. Im Vergleich zu Standardwerkstoffen bieten sie eine höhere Auflagenstabilität. Darüber hinaus ermöglichen sie mit bis zu 40% mehr Enddichte und geschlossener Druckfläche ohne Pinholes auch eine optimierte Farbübertragung. In der Praxis wurden mit dem Einsatz dieser neuentwickelten Druckformen auf allen Substraten positive Effekte erzielt, insbesondere bei der Papierbedruckung. Dadurch reduziert sich der Farb- und Ressourcenverbrauch im Herstellungsprozess ohne jegliche Einbußen hinsichtlich der Druckqualität.

Die neuen Materialien zeichnen sich durch eine sehr hohe Verschleißfestigkeit aus, was insbesondere bei rauen Substraten, hohen Druckgeschwindigkeiten und Großauflagen weitere Vorteile bietet. Durch die Möglichkeit der Regummierung von Altsleeves sind derartige Druckformen keine One-Way-Produkte und daher hinsichtlich Nachhaltigkeit ein echter Zugewinn für Kunden und Umwelt.

Abbildung 6:
Das c.INKTEC Innovation Center von Saueressig ist auch für die Überprüfung von Farbwerten auf Labordruckmaschinen ausgelegt
(Quelle Saueressig)

Auch im Tiefdruck wird an der Anpassung der Druckformen an die Eigenschaften wasserbasierter Farben gearbeitet. In diesem Zusammenhang müssen vor allem die Näpfchengeometrien angepasst werden. Aufgrund des veränderten Entleerungs- und Ausdruckverhaltens der Farbe werden die Näpfchen flacher und erhalten eine größere Öffnungsfläche. Um eine optimale Druckqualität zu erreichen, werden zusätzlich auch die Gradationen der Halbtöne an die höhere Pigmentierung und das veränderte Trocknungsverhalten der Farbe angepasst. Eine Überprüfung der Farbwerte an der Druckmaschine ist aufgrund der noch geringen praktischen Erfahrung mit dieser Farben sehr wichtig. Dabei können digitale Systeme und unabhängige Messmethoden eine verlässliche Hilfestellung geben. Das c.INKTEC Innovation Center von Saueressig bietet den Druckern die Möglichkeit, ihre Druckformen flexibel, schnell und einfach zu testen und zu optimieren.

Fazit
Echte Nachhaltigkeit lässt sich nur im Zusammenspiel aller beteiligten Teilbereiche erreichen. In den meisten Fällen ist ein Zusammenwirken über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg erforderlich. Auch die Technologie der wasserbasierten Farben bildet hier keine Ausnahme: Sie hat sich dank der Beiträge des Fachwissens von Schlüsselakteuren aus den verschiedenen Teilbereichen der Wertschöpfungskette zu einer tragfähigen Lösung entwickelt.

Vor diesem Hintergrund wurden nunmehr Durchbrüche in verschiedenen Bereichen erzielt. Dazu gehören neuentwickelte Harze, Erfolge bei der Optimierung von Farbformulierungen, sowie sinnvolle Anpassungen der Farbtechnologie an die Druckmaschinen. Damit wurde eine Steigerung des Leistungsniveau wasserbasierter Druckfarben weit über das bisher erreichte Niveau erzielt. Mit sorgfältigem Änderungsmanagement und speziellem Fachwissen können Druck- und Convertingbetriebe damit außergewöhnlich hohe Produktqualitäten erzielen. Aus diesen Gründen haben sich die Unternehmen BASF, Follmann, Saueressig und viele andere Partner im branchenübergreifenden Netzwerk Prethink Ink zusammengeschlossen, um relevantes Fachwissen zu verbreiten und praktischen Erkenntnisse mit allen Akteuren der Branche zu teilen.