„Print ist ein Zukunftsmarkt!“

VDMA-Interview mit KBA-Vorstandsvorsitzendem Claus Bolza-Schünemann

Die Koenig & Bauer (KBA) AG hat sich in den letzten Jahren neu ausgerichtet. Der Vorstandsvorsitzende Claus Bolza-Schünemann blickt im VDMA-Interview mit Zuversicht in die Zukunft. Für die Leitmesse drupa kündigt Bolza-Schünemann neue Lösungen rund um den analogen und digitalen Verpackungsdruck, den industriellen Druck und die digitale Vernetzung in Richtung Print 4.0 an. 

Die Fokussierung auf wachsende Märkte und lukrative Nischen sowie die neue Holding-Struktur mit vier eigenverantwortlichen Geschäftseinheiten greifen laut Bolza-Schünemann: KBA schreibt wieder schwarze Zahlen.

Anzeige

Herr Bolza-Schünemann, die drupa steht vor der Tür. Als drupa-Präsident waren sie bei der World Tour dabei. Wie haben sie die Stimmung erlebt?

Bolza-Schünemann: Überraschend gut. Auch in Ländern, wo ich das nicht erwartet hatte. Sei es Japan, Kasachstan oder Ägypten, wo uns teils über 100 Fachjournalisten gegenüber saßen. Ich gehe vor dem Hintergrund dieser Erfahrung davon aus, dass die drupa ähnlich erfolgreich wird wie die letzte im Jahr 2012.

Ohnehin bessert sich die Stimmung in der Branche. Oder täuscht dieser Eindruck?

Bolza-Schünemann: Ich nehme es genauso wahr. Die Phase der Restrukturierungen ist in den meisten Unternehmen abgeschlossen. Sie haben das Heft des Handelns nun wieder in der Hand und nehmen die Herausforderungen des digitalen Wandels an. Wir sehen alle, dass das Produkt Print in unserem Alltag allgegenwärtig ist und bleiben wird. Denn unser Geschäft geht weit über den Druck von Medien hinaus. Diese Botschaft ist in den Köpfen angekommen. Print ist ein Zukunftsmarkt und keineswegs ein totes Geschäft!

Wie weit sind Sie mit der Neuausrichtung von KBA?

Bolza-Schünemann: Wir haben die teils schmerzhafte Neustrukturierung erfolgreich zu Ende gebracht. KBA ist heute ein völlig anderes Unternehmen, als vor zehn Jahren. Der Umsatzanteil unserer Verpackungslösungen ist auf 70% gestiegen, während der Anteil unserer medienabhängigen Erlöse von 65% auf 10% gesunken ist. Um konzentrierter auf spezifische Märkte und Kunden eingehen zu können, haben wir die Verantwortung neu auf weitgehend eigenständige Geschäftseinheiten verteilt: „Sheetfed Solutions“, „Digital & Web Solutions“ und „Special Solutions“.

Hinzu kommt „Industrial Solutions“ als interner und externer Produktionsdienstleister. Alle agieren bilanziell eigenverantwortlich und haben operativ vom Vertrieb bis zum Service die volle Verantwortung.

KBA hat den Zeitungsdruck seit 200 Jahren wie kein zweites Unternehmen geprägt. Nun macht er kaum noch 10% Ihrer Umsätze aus. Läuft die Zeit dieses Marktes ab? 

Bolza-Schünemann: Wir kommen aus der Zeitungswelt, doch können wir die Augen vor den Veränderungen nicht verschließen: Das Rollen-Neumaschinengeschäft ist um 80% zurückgegangen – von EUR 2 Mrd. im Jahr 2006 auf heute etwa EUR 400 Mio., die sich auf die Bereiche Zeitung und Akzidenz verteilen. Der Markt stagniert und das wird wohl auch so bleiben. Unser Geschäftsbereich „Digital & Web Solutions“ bedient ihn weiter; jedoch mit angepasster Kapazität. Und wie der Name Digital & Web verrät, bringen wir hier digitale Technik mit unserem Rollendruck-Knowhow zusammen.

Der Kern des Prozesses bleibt die Handhabung breiter Papierbahnen, ob Sie diese nun im Offset-, Flexodruck- oder Inkjet-Verfahren bedrucken. Die Schnittstelle vom Inkjet-Druckwerk zu unserer Technik ist der fliegende Tintentropfen. Mit unserem amerikanischen Partner haben wir gerade die weltgrößte Inkjet-Anlage mit 2,8 m Bahnbreite für hochwertige Drucke auf Wellpappen-Verpackungen realisiert, die wir auf der drupa vorstellen.

Parallel bauen wir unsere Rotajet-Familie aus, die wir nun von 76 cm bis 2,25 m Breite anbieten. Für uns überraschend stößt sie gerade in Nischen auf Nachfrage. Etwa im Dekordruck auf Laminaten. Es ist interessant, wie der Markt funktioniert. Anbieter von selbstklebenden Dekofolien bieten jährlich hunderte neue Motive an, die sie zunächst digital in kleiner Auflage drucken. Was beim Kunden ankommt, drucken sie dann in höheren Volumen nach.

Werden Ihre Geschäftseinheiten auf der drupa gemeinsam auftreten?

Bolza-Schünemann: Natürlich gibt es einen KBA-Gemeinschaftsstand. Er wird etwa 3.000 m² groß. Wie immer in Halle 16. Unser Motto lautet „Add more KBA to your day“. Von der Banknote, Zeitung bis zur hochwertigen Verpackung – ständig begegnen Ihnen Produkte, die mit KBA-Technik bedruckt sind. Von der Zahnpasta-Tube bei der Morgentoilette bis zum edlen Weinetikett am Abend.

Wir zeigen ein einzigartig breites Portfolio mit Bogen- und Rollen-Anlagen, mal digital, mal Offset-, mal Flexodruck, und mit Lösungen für den Verpackungs- und industriellen Druck sowie „Special Solutions“ wie den Direktdruck auf Glas, Metall und flexible Verpackungen, den Wertpapier- und Währungsdruck.

Welche Rolle spielt Print 4.0?

Bolza-Schünemann: Automation und digitale Vernetzung von Drucksaal bis Service läuft bei uns unter KBA 4.0 – und hat höchste Bedeutung. Die Druckindustrie ist Vorreiter der Industrie 4.0. Die Produktion ist weitgehend vernetzt, Workflows sind digital – auch im analogen Druck. Das Beispiel des Fotobuchs zeigt, wie weit wir sind. Auch Zeitungs- und Akzidenzdruck sind heute stark vernetzt und automatisiert. Fernwartung, Fehleranalysen, Upgrades, automatisierte, parallele Plattenwechsel, Inline-Prozesskontrollen sind bei uns Stand der Technik.

Kunden können anonymisierte Benchmark-Vergleiche mit Betreibern von KBA-Maschinen vornehmen und uns zu Rate ziehen, wenn sie ihre Performance verbessern wollen. Mit Maschinenoptimierung, Schulungen, Consulting und proaktivem Service helfen wir Druckereien, im schwierigen Marktumfeld zu bestehen. Für die Zukunft von KBA ist das von höchster Bedeutung.

China kühlt ab. Wie sehen Sie die Lage dort?

Bolza-Schünemann: Uns kommt zugute, dass die Löhne und Gehälter dort stark steigen. Die Druckereien schauen neuerdings auf die Personalkosten und öffnen sich für unsere Automatisierungslösungen. Das ist eine neue Entwicklung, die uns in die Karten spielt. Die chinesischen Wettbewerber tun sich damit eher schwer. Optimistisch stimmt mich auch, dass die steigenden Löhne den Konsum in China und damit den Bedarf an Verpackungen und industriellen Druckprodukten ankurbeln.

Die Zukunftsperspektiven sind trotz der aktuellen Abkühlung gut. Wir haben in den letzten 200 Jahren Marktschwankungen en masse erlebt. Es gilt, flexibel zu reagieren – und da zu sein, wenn der Markt anspringt.

Eine letzte Frage: Wie wird Ihr Unternehmen im Jahr 2030 aussehen?

Bolza-Schünemann: Ich gehe davon aus, dass wir weiterhin dicht an den Märkten sind, die Fühler nach Trends ausstrecken und Lösungen dafür entwickeln. Genauso sind wir zum Glas- und zum Metalldruck gekommen, der sich vom Sorgenkind zu einer kerngesunden Tochter entwickelt hat. Der Bedarf an Verpackungen wird stark steigen, um Lebensmittel haltbarer zu machen und so die Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung zu sichern.

Wo immer sich Wohlstand einstellt, folgen Regularien für Lebensmittelhygiene und für die Verpackungen auf dem Fuße. Täglich verderben einige Millionen Tonnen Lebensmittel, bevor sie beim Verbraucher ankommen. KBA wird einen Beitrag dazu leisten, dass dieser Missstand behoben wird.